Voten von allgemeiner Bedeutung

Antrittsrede von Walter Jucker als Parlamentspräsident

(8. April 2019)

 

Liebe Parlamentarierinnen, liebe Parlamentarier
Geschätzte Stadträte und Verwaltungsmitarbeitende
Sehr geehrte Zuschauende

Bei allen Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die mich gewählt haben, möchte ich mich ganz herzlich für das Vertrauen bedanken. Die Neun, die mich nicht gewählt haben, ja, was soll ich dazu sagen...
Die kommende Legislatur wird uns sicher, wie die letzte, fordern. Stehen doch wichtige Geschäfte an und es ist darauf zu achten, dass das Geld, das der Stadt zur Verfügung steht, richtig eingesetzt wird.
Für mein Präsidialjahr möchte ich die nachfolgenden drei Punkte besonders beachten:

1. Umsetzung der neuen Geschäftordnung des Parlaments
Erwähnenswert sind die §§38 und 59.
§38 Zu spät eintreffende oder vor Schluss der Sitzung weggehende Mitglieder haben sich unaufgefordert beim Sekretariat zu melden.
§59 Sachlich bleiben, auf unpassende Vergleiche verzichten.

2. Ich möchte, dass dieses Parlament eine Politik unterstützt, die Schlieren weiter bringt. Also Politik für ALLE, nicht für WENIGE.
Es ist mir auch wichtig, dass das Parlament nicht die Meinung vertritt, dass der Stadtrat grundsätzlich gegen das Parlament arbeitet.
Vom Stadtrat erwarte ich eine Politik, die Schlieren positiv verändert.

3. Keine Monstersitzungen.
Deshalb habe ich auch schon Anfangs Jahr im Büro beantragt, dass wir im Dezember neben einer Doppelsitzung „Budget“ auch noch einen Reservetermin am Mittwoch danach planen.

Nach der heutigen Sitzung verabschiedet sich Rolf Wegmüller aus unserem Parlament. Ich wünsche Rolf alles Gute, gute Gesundheit, wenig Stress und viel Spass ohne Politik.

Die offizielle Verabschiedung findet bekanntlich, wie bei allen während des Jahres Ausgetretenen, anlässlich des Parlamentausflugs vom 5. Oktober statt.

Ihnen allen wünsche ich ein erfolgreiches Jahr unter meiner Führung und hoffe, dass mir in dieser Zeit möglichst wenig Fehler unterlaufen.

Nicht dass es dann heisst, Jucker macht sich am Besten auf einem Plakat. Dort spricht er nicht und wenn man ihn nicht mehr sehen will, entfernt man ihn einfach.

Abschluss-Votum von Pascal Leuchtmann als Parlamentspräsident

(11. April 2016)

 

Hier im Drehbuch steht:
kurze Rede des abtretenden Präsidenten.
Aber es steht nicht im Drehbuch, was ich sagen soll.

Das war ein ganzes Jahr lang anders. Mit nur sagen, was im Drehbuch steht ist jetzt Schluss.

Ich möchte jetzt noch etwas sagen, zu Schlieren und zur Politik in Schlieren.

Schlieren ist im Wandel, Schlieren wird immer städtischer. Und wächst weiter. Das Verflixte am ganzen ist, dass der Wandel sowieso passiert, auch wenn man manches lieber anders hätte.

Ich fange an mit einem Satz, den ich kürzlich im Tagesanzeiger gelesen habe:

„Tatsächlich spricht viel dafür, Politik zu ignorieren. Man spart enorm Zeit. Neunzig Prozent der Politik gleichen einem Spiel: Ein ritueller Austausch immer derselben Argumente, Vorwürfe, Warnungen. Wirklich inspirierend ist das selten.“ (Constantin Seibt)

Man muss genau hingucken. Es spricht auch etwas dagegen, Politik zu ignorieren. Die anderen 10 Prozent, diese sind mir wichtig. Ich will nicht jammern über mangelnde Effizienz. Nein, 10% ist gut. Die Natur ist meistens viel weniger effizient. Aus 1000 Kaulquappen gibt es nur einen Frosch.

Hier im Parlament geht es aber nicht um den Wandel von Kaulquappen zum Frosch. Es geht um den Wandel in unserer Stadt.

Ich glaube daran: Wir können sogar den Stadtplatz, das Zentrum, den Stadtpark und den Bahnhof noch schöner machen, als sie sind. Wir können auch die Altersversorgung oder das Asylwesen, die Schule oder die Gasversorgung optimieren. Es liegt an uns, das zu wollen.

Dass wir den Wandel, der wie gesagt sowieso stattfindet, dass wir den Wandel auch aktiv begleiten und steuern können, gibt es eine Grundbedingung: Vertrauen.

Wir müssen Vertrauen haben, Vertrauen in unsere Kraft als Parlament, aber auch Vertrauen in andere, in den Stadtrat und die Verwaltung. Das gegenseitige Vertrauen ist das Öl im Getriebe, ohne Öl chrooseds und quietscht es nur. Unsere Aufgabe als Parlament besteht nicht nur darin, dem Stadtrat zu misstrauen. Unsere Aufgabe ist es, die Stadt zu gestalten und den guten Ideen zum Durchbruch zu verhelfen, eben den Wandel aktiv zu begleiten.

Wenn wir misstrauisch mit viel Phantasie nur danach suchen, was der Stadtrat vielleicht auch noch falsch machen könnte, wenn wir nur Szenarien für das entwickeln, was vielleicht schief gehen könnte, bleiben wir blind, blind für das, was gut kommen kann. Der Wandel wird in Schlieren dann klammheimlich und ganz ohne uns einfach stattfinden.

Ich möchte Ihnen darum dringend ans Herz legen, ihre Arbeit im Parlament und im Stadtrat mit einem positiven Grundvertrauen anzugehen.

Zum Schluss noch ein Dankeschön.
Danke an das Sektretariat, Arno Graf, Gaby Gubler und das ganze Team für die kompetente Rundum-Unterstützung im Ratsbetrieb.

Danke an den Stadtrat und vor allem an Sie, liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier für die gesittete und angenehme Stimmung im Rat.
Machen Sie es meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin gleich einfach, wie Sie es mir im vergangenen Jahr gemacht haben. Kein Tumult, kein Sitzungsabbruch, keine unschöne Gehässigkeiten…

Vertrauen Sie darauf, dass alle nur das Beste wollen. Nur dann kommt in der Auseinandersetzung, wenn alle besten Varianten miteinander verglichen werden, auch wirklich das Beste heraus.

Sie können das gleich jetzt im nächsten Traktandum üben.
Wir kommen zur Wahl des Büros für das nächste Amtsjahr.

 

Zur Entwicklung im Spital Limmattal

(Fraktionserklärung vom 30. August 2010)

 

In der letzten Sitzung vor den Sommerferien waren wir, die Fraktion SP/Grüne, besorgt über die Entwicklung im Spital Limmattal. Während den Sommerferien ist einiges klarer geworden. Und ich muss sagen, wir sind nicht mehr nur besorgt, wir sind bestürzt und entsetzt.

Unsere Beurteilung stützt sich nicht nur auf das, was in diversen Tageszeitungen stand — obwohl dies allein schon Grund genug zu grosser Bestürzung wäre. Wir haben uns zusätzlich aus erster Hand informiert, beim Verwaltungsratspräsidenten Thomas Hächler, bei zwei weiteren Mitgliedern des Verwaltungsrats und ich selber hatte auch noch ein Gespräch zum Thema mit dem Justizdirektor Markus Notter. Weiter haben wir auch direkt mit Angestellten des Limmi und natürlich mit möglichen Kunden des Limmi, d.h., mit der Bevölkerung gesprochen.

Was geht jetzt ab im Limmi, im Spital mit dem zweitbesten Ranking im Kanton? Der Verwaltungsrat und dann auch die Delegierten wollen ein Outsourcing der Spitalleitung durchziehen, d.h., die Spitalleitung soll in private Hände gehen.

Wenn man unter dem Stichwort Outsourcing in einem Lehrbuch für Betriebswirtschaft nachschaut, dann findet man dort, dass Outsourcing sinnvoll sein kann für einzelne Betriebsaufgaben, die nicht zu den Kernkompetenzen des Betriebs zählen. Weiter lernt der angehende Betriebwirt auch noch, dass beim Outsourcing die zusätzlichen Aufwände nicht vergessen werden sollen: Man muss erstens die "outgesourcte" Aufgabe vor der Vergabe genau definieren — das bedeutet Aufwand —, und man muss zweitens die Ausführung kontrollieren, wenn das Ergebnis zurückkommt. Scheint logisch.

Nicht aber beim Limmi: Denn wer in aller Welt soll denn die Spitalleitung kontrollieren, wenn nicht der Spitalleiter? Es entsteht hier die absurde Situation, dass sich einer selbst kontrolliert.

Aber es kommt noch schlimmer! Dieser Selbstkontrolleur hat die Aufgabe, das Beste für unser volkseigenes Limmi herauszuholen in Bezug auf den ganzen Betrieb. Er muss also unter Umständen auch mal hart verhandeln mit den Zulieferern des Limmi. Einer dieser Zulieferer ist aber er selber, in seiner Funktion als Angestellter und Teilhaber seiner Firma H Services AG. Bei jedem Interessenskonflikt zwischen dem Limmi und der Firma müsste dieser Selbstkontrolleur in den Ausstand treten. Genau so, wie wir alle in diesem Parlament in den Ausstand treten müssen, sobald wir persönlich verbandelt sind mit einem Geschäft.
Jeder Kontrollakt enthält mögliche Konflikte, und daher müsste der Selbstkontrolleur im Limmi bei jeder Kontrolle eigentlich von vornherein in den Ausstand. Und damit ist die Kontrolle eben unmöglich.

Nichts destotrotz aber hat es die Delegiertenversammlung und der Verwaltungsrat mehrheitlich geschafft, eine solche Selbstkontrolle zuzulassen. Soviel zum betriebswirtschaflichen Aspekt.

Das Outsourcing der Spitalleitung ist aber nicht nur betriebswirtschaftlich absurd, das Outsourcing der Spitalleitung ist auch volkswirtschaftlich ein Unfug. Denn jede private Firma hat — mit Recht — das Ziel, Gewinne zu machen. Diese Gewinne fliessen in die H Services AG, und eben nicht ins Spital. Die Gemeinden als Eigentümer und die Leute als Kunden des Spitals zahlen drauf.

Kommt dazu, dass in absehbarer Zukunft alle auswärts erbrachten Leistungen der Mehrwertsteuer unterworfen werden. Das ergibt weitere 7.6% Zusatzaufwand zu Lasten der Patienten, die nur wegen der Auslagerung der Spitalleitung anfallen.

Meine Damen und Herren, sie sehen es: Es scheint schwierig, soviel Unsinn und Absurdität zu überbieten. Aber es ist leider noch immer nicht alles.

Bereits sickert bis in die Zeitungen durch, dass das Vertrauen der Kaderärzteschaft zur Spitalleitung im Limmi nachhaltig erschüttert ist. Und eine privatversicherte Bekannte mit mehrfacher und nur guter Erfahrung als Limmipatientin hat mir anvertraut, dass sie es sich in Zukunft sehr genau überlegen würde, ob sie sich je wieder im Limmi behandeln lassen werde. Das Vertrauen der Bevölkerung in unser Limmi wackelt. Das ist der Anfang vom Ende.

Es ist leider so: Die Situation im Limmi ist unglaublich verfahren, und es wird wohl nicht ohne Verluste gehen. Wenn es aber darum geht, entweder die private Firma H Services AG oder unser volkseigenes Limmi zu opfern, dann müssen wir Politikerinnen und Politiker für das Limmi einstehen und halt in Gottes Namen ein paar wenige Personen im Verwaltungsrat und bei H Services verlieren lassen.

Die Lösung heisst: Einstellen eines neuen Spitaldirektors, der nur einen Hut trägt — nämlich jenen unseres Limmi — und eine sofortige Beerdigung des unsäglichen Experiments.